Etappen der Aufarbeitung: Was ist bisher schon geschehen?

Im April 2019 hat eine Gruppe unabhängiger Fachleute damit begonnen, mögliche Strukturen aufzudecken, die sexuellen Missbrauch durch Angehörige des Bistums Hildesheim möglich gemacht oder vertuscht haben. Beauftragt wurde das interdisziplinär zusammengesetzte Gremium von Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ. Am 14. September 2021 hat die Expertengruppe ihren Bericht in einer Pressekonferenz vorgestellt und an den Bischof und die Betroffeneninitiative Hildesheim übergeben. 

Mittlerweile ist eine weitere Aufarbeitungsstudie ausgeschrieben worden. 

Pressekonferenz zur Übergabe des Abschlussberichtes zum Projekt „Wissen-Teilen“

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Beteiligte der Pressekonferenz: 

  • Obfrau der Expert*innengruppe, Antje Niewisch-Lennartz, Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht a. D. und ehemalige niedersächsische Justizministerin
  • Leitender Oberstaatsanwalt a. D. Kurt Schrimm, ehemaliger Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg
  • Dipl.-Psychologe Gerhard Hackenschmied, Diplom-Soziologe Dr. Florian Straus und Diplom-Psychologe Dr. Peter Caspari vom Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung
  • Jens Windel von der Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim und Mitglied im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz
  • Dr. Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim
  • Pressesprecher des Bistums, Volker Bauerfeld (Moderator)

Eklatante Missstände im Umgang mit Missbrauch während der Amtszeit von Bischof Janssen

Externe Fachleute haben im Auftrag von Bischof Wilmer Studie zu sexualisierter Gewalt vorgelegt

Eine Gruppe externer Fachleute um die ehemalige niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz hat heute eine zweibändige, mehr als 400 Seiten umfassende Studie zu sexualisierter Gewalt im Bistum Hildesheim veröffentlicht. Der Untersuchungszeitraum umfasste die Amtszeit des verstorbenen Bischofs Heinrich Maria Janssen von 1957 bis 1982.

Der Bericht benennt eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch während der Amtszeit von Bischof Janssen. Demnach gab es von kirchlicher Seite Zuwendung und Schutz für die Täter, während die Betroffenen keinerlei Hilfsangebote erhielten und mit ihrem Leid allein gelassen worden sind.

Die Experten haben festgestellt, dass unter der Verantwortung Janssens keine Schutzmaßnahmen getroffen wurden, um nach bekannt gewordenen Missbrauchsvorwürfen gegen Geistliche weitere Straftaten durch diese Priester zu verhindern. Die Taten wurden verschwiegen und vertuscht. Die Studie zeigt auch, dass während der Amtszeit Bischof Janssens die Personalakten ohne inhaltliche Ordnung geführt wurden und gravierende Mängel aufweisen.

In den Jahren 2015 und 2018 wurden Missbrauchsvorwürfe zweier Betroffener gegen den verstorbenen Bischof Heinrich Maria Janssen dokumentiert. Die Gruppe der Fachleute hat keine weiteren, zusätzlichen Hinweise für durch Bischof Janssen selbst verübte sexualisierte Gewalt gefunden. Ebenso fanden die Expertinnen und Experten keine Hinweise auf Kooperationen mutmaßlicher Missbrauchstäter.

Die Untersuchung macht sichtbar, dass es offenkundig massives Unrecht gegenüber Minderjährigen in katholischen Heim-Einrichtungen im Bistum Hildesheim gab. Insbesondere in Bezug auf den Bernwardshof in Hildesheim-Himmelsthür gibt es Berichte über physische, psychische und sexualisierte Gewalt. Bischof Janssen hat diese „erzieherische Verantwortungslosigkeit“ über viele Jahre geduldet und mitgetragen.

Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ sagte während der Vorstellung der Studie, der Bericht konfrontiere das Bistum und ihn „mit einem Systemversagen, mit Mängeln in der Leitung, der Personalführung, der theologischen Reflexion und der Zusammenarbeit mit einem Rechtsstaat“.

„Der Bericht zeigt auf, wie die damalige Bistumsleitung bei diesen in den Heimen verübten Verbrechen, aber auch bei denen, die in den Pfarrhäusern und Pfarreien geschahen, wegschaute. Es ging vor allem um den Schutz der Institution und der Priester. Die Geschädigten tauchten nicht auf. Priester als Täter wurden verschont“, so Wilmer.

Der Bischof machte deutlich, dass nun eine umfassende Lektüre und Auswertung der Studie bevorstehe, um anschließend Konsequenzen aus den Berichtsergebnissen zu ziehen. Fest steht aber bereits, dass es weitere Aufarbeitungsvorhaben geben wird und dass das Bistum Hildesheim den Bereich der Aufarbeitung, Intervention und Prävention umbauen und personell aufstocken wird.

Die Diözese richtet für die Aufarbeitung und Vorbeugung sexualisierter Gewalt eine neue Stabsstelle für Prävention, Intervention und Aufarbeitung ein. Darin wird die bisherige Fachstelle Prävention eingegliedert. Auch die Referentin des Bischöflichen Beraterstabes in Fragen sexualisierter Gewalt wird in den neuen Bereich integriert.

Damit arbeiten die Fachleute der Diözese für den professionellen Umgang und für die Vermeidung von Missbrauchsfällen künftig gemeinsam in einer Abteilung. Als qualifizierte Ansprechpersonen der Kirche werden sie bei zukünftigen Aufarbeitungsvorhaben die Arbeit der jeweils tätigen unabhängigen Expert*innen durch die Bereitstellung von Informationen unterstützen.

Darüber hinaus ist eine Verzahnung der neuen Stabsstelle mit der Präventionsarbeit im Diözesan-Caritasverband geplant. Derzeit sucht das Bistum nach einer Leitung für die Stabsstelle. Die Leitung der neuen Stabsstelle soll die Strategie des Bistums im Umgang mit Fragen sexualisierter Gewalt weiterentwickeln und auch als Ansprechpartner*in für Betroffene und Betroffenen-Initiativen zur Verfügung stehen.

Die neue Stabsstelle wird eng mit der Aufarbeitungskommission und dem Betroffenenrat kooperieren, die das Bistum Hildesheim auf Ebene der norddeutschen Metropolie gemeinsam mit dem Erzbistum Hamburg und dem Bistum Osnabrück etablieren wird.

Die Deutsche Bischofskonferenz erarbeitet derzeit eine Rahmenordnung für die Führung der Personalakten von Klerikern. Das Bistum Hildesheim wird diese Ordnung, die wahrscheinlich auf der Vollversammlung der deutschen Bischöfe Ende September beschlossen wird, übernehmen und zeitnah in Kraft setzen.

Die Personalaktenordnung definiert verbindliche Regeln zur Führung der Personalakten, die vollständig und fälschungssicher zu führen sind. Die bisherigen Personalakten werden im Rahmen eines Sonderprojekts paginiert und in ihrer bisherigen Form geschlossen.

Kontakte für Betroffene:

Für Betroffene von sexualisierter Gewalt gibt es im Bistum Hildesheim professionelle Ansprechpersonen, die von der Kirche unabhängig sind. Die Kontaktdaten dieser vier Fachleute sind unter dem folgenden Link zu finden: www.bistum-hildesheim.de/missbrauch.

Der Beraterstab in Fragen sexualisierter Gewalt ist telefonisch (05121-307 172) und per E-Mail erreichbar (beraterstab(ät)bistum-hildesheim.de).

Weitere Informationen zur Studie:

Die externe Untersuchung war interdisziplinär, d.h. historisch, forensisch, kriminologisch und psychologisch angelegt. Leiterin (Obfrau) der externen Untersuchung ist die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht a. D. und ehemalige niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) gewesen. Mit ihr zusammen arbeiteten der Leitende Oberstaatsanwalt a. D. Kurt Schrimm aus Stuttgart, der 15 Jahre lang Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg gewesen ist, sowie Fachleute des Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) aus München: Gerhard Hackenschmied, Dr. Peter Caspari, Dr. Florian Straus und Dr. Christa Paul.

Das IPP ist ein sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut, das in der Vergangenheit bereits mehrere unabhängige Studien zum Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch in kirchlichen Institutionen vorgelegt hat, so auch im Bistum Hildesheim.

Bischof Wilmer hatte die Fachleute im April 2019 mit dem Gutachten beauftragt. Den Ausgangspunkt für das Vorhaben bildeten die in den Jahren 2015 und 2018 dokumentierten Missbrauchsvorwürfe zweier Betroffener gegen den verstorbenen Bischof Heinrich Maria Janssen. Der Auftrag an die Forschungsgruppe ging aber deutlich darüber hinaus und sollte insbesondere auch die 

Statuten, Berichte, Gutachten, Studien, Ordnungen